LBM 2015 – Nachlese

Ich habe mich zum ersten Mal seit Ewigkeiten nicht nur zur LBM begeben, sondern war auch gleich vier Tage dort. Das kann ich wirklich jedem empfehlen, der ein bisschen Zeit mitbringt, denn bisher habe ich die Messe meistens nur für einen Tag, seltener für zwei besucht. Und das war meistens eine gehetzte Kamikaze-Aktion, bei der ich versucht habe, so viel wie möglich zu sehen. Kaum möglich!

Selbst dieses Jahr habe ich nicht alles von der Messe gesehen, aber zumindest das meiste von dem, was mich interessiert hat. Und ich habe viele Lesungen gehört, neue Autoren kennengelernt, Bücher gekauft, mich zwischendrin einfach mal in Ruhe hingesetzt und geschnackt oder was gegessen und die Messe einfach genossen.

Da sich gefühlt der halbe Tintenzirkel auf der Messe herumgetrieben hat, war es auch ein bisschen wie ein Klassentreffen – überall wurde man begrüßt, umarmt, hat jemanden zum Reden gefunden, wurde an die Hand genommen, wenn man verloren gegangen war – kurz, ich habe mich nie alleine gefühlt. Danke euch allen! :-*

Das Messe-Feeling auf der LBM ist wunderbar, zumal diese Messe eben im Gegensatz zur Frankfurter Buchmesse nicht vorrangig eine Fachmesse ist, sondern ganz bewusst für den Leser gemacht wurde. Natürlich finden auch Fachgespräche statt, es werden Verträge ausgehandelt und Kontakte geknüpft (und ich bin der weltbeste Undercover Bodyguard bei solchen Treffen), aber es gibt eben an jeder Ecke Lesungen, Meet&Greet-Treffen mit Autoren, Signierstunden, Mitmachecken für Kinder, Diskussionspodien etc. pp. Eine wahre Fülle an Angeboten, aus denen man sich pro Tag maximal 2-3 herauspicken sollte, der Rest ergibt sich dann einfach.

Toll sind auch die Cosplayer, die nicht nur in Halle 1 und dem kongresszentrum zu finden sind, sondern die sich überall unters Volk mischen. Manche der Kostüme sind so unglaublich aufwändig, dass man sich fragt, wie da noch ein Mensch drin stecken kann. Ich bewundere euch alle für eure Phantasie und Geduld beim Erstellen der Kostüme und noch mehr dafür, dass ihr Hitze und Kälte auf euch nehmt, ohne zu klagen.

Ich habe elf Bücher mit nach Hause genommen, die ich nach und nach lesen und rezensieren werde. Ich weiß nur noch immer nicht, wo ich anfangen soll und habe bisher zwei Bücher etwas weiter angelesen. Eines davon wird artig weitergelesen in den nächsten Tagen.

Ich freue mich so richtig auf die BuCon im Herbst und auf die LBM2016 – und dank Patrick Rothfuss, der wenig gelesen, dafür aber umso mehr Fragen beantwortet hat, habe ich eine ganz entscheidende Sache für mein eigenes Schreiben mitgenommen: Man kann nur gut schreiben, wenn man über Dinge schreibt, die man kennt und mag. Oder anders: Tolkien war Sprachwissenschaflter, kein BWLer, daher gibt es im ganzen Buch keine Szene, in der Geld eine Rolle spielt (ggf. zahlen sie ihr Bier im Tänzelnden Pony, aber auch das wird quasi nicht thematisiert), aber jede Menge unterschiedliche Sprachen.

Viel Spaß hat auch das Meet&Greet bei feelings gemacht – schön, dass ich euch kennenlernen durfte, Kerstin, Heike und Kerstin! 🙂 Eines eurer Bücher habe ich mir als Rezensionsexemplar gewünscht, das wird dann auch hier auftauchen (seht es mir nach, wenn es ein wenig dauert …).

Mit der Gewinnerin des Indie-Autoren-Preises in einer Messe-WG zu leben war auch lustig, ich wurde ständig auf den Bilur an meinem Hals angesprochen – Du bist eine Berühmtheit, Farina! 😀
Überhaupt hatte ich viel Spaß in meiner WG, danke auch noch mal an Sandra, die mir noch ein Plätzchen bieten konnte und die mich mit Chuck-Norris-Witzen zu Lachtränen erheiterte, an Laurence für „Du hast schöne Augen!“, an Jessica für die Torte (auch wenn es nicht meine war, aber sie war sehr lecker!) und an Christian für ein nettes, müdes Gespräch am Morgen. Und natürlich an Sina für lustige nächtliche Heimfahrten und dafür, dass Du mich im Bett nicht getreten hast. 😉

Selbstzweifel, die erste

Tja, angeblich leiden ja alle Autoren hin und wieder an Selbstzweifel und Schreibblockaden. Die meisten schreiben davor und danach aber durchaus brauchbare Texte, weshalb sie sich trotzdem Autoren oder Schriftsteller nennen dürfen.

Und ich? Ich sitze gerade hier und bin unzufrieden. Seit Tagen habe ich nichts geschrieben, und als ich gestern mein Dokument geöffnet habe, passierte Folgendes:

Ich las die letzte szene noch mal, um wieder in den Text zu finden. Den „besten“ Klopper hatte ich schon während des Schreibens markiert, um ihn zu überarbeiten. Wollt ihr ihn sehen?

„Als auch er draußen ist und die Tür zugezogen hat, nachdem er sich vergewissert hat, dass sie einen Schlüssel dabei hat, schließt sie ab.“

Literarisch absolut hochwertig, nicht wahr? Meine Anmerkung dazu lautet auch entsprechend: „Hat – hat – hat – den Satz üben wir noch mal, Frau Bloos!“

Tja, nun bin ich durchaus in der Lage, den Satz zu zerlegen, umzuschreiben und etwas Besseres draus zu machen. Das Hauptproblem des Textes ist aber ein anderes: Er transportiert nichts. Keine Emotionen, keine Bilder. Telling in schlechtester Reinkultur. Und nein, die einzelnen Sätze einfach ins „show“ zu setzen, ändert nicht viel. Denn der ganze Text ist flach, platt und belanglos. Ich sehe meine Figuren nicht vor meinem geistigen Auge, ich habe keine Vorstellung von den Orten, an denen sie sind (doch, die „Standardorte“ haben inzwischen ein Aussehen, das Haus der Familie und das Büro des Vaters) und viel schlimmer: Ich transportiere nicht mal diese winzigen Bruchstücke einer Vorstellung.

Wenn ich als Autorin beim Lesen schon überlege, was der langweilige Scheiß eigentlich soll, wie soll ich damit auch nur einen Leser hinter dem Ofen hervorlocken? Vermutlich gar nicht.

Natürlich könnte ich den Text fertig schreiben, um wenigstens das getan und meine Message in Buchstaben gezwängt zu haben, aber will ich das? Will ich mit einem Text von Verlag zu Verlag tingeln, mir haufenweise Absagen einhandeln, von denen ich weiß, dass sie gerechtfertigt sind?
Oder will ich das Ding in der virtuellen Schublade verrotten lassen, weil ich halt schon weiß, dass ich damit nicht mal Klopapier bedrucken sollte?

In meinem Kopf ist es eine komplexe Geschichte, in der verschiedene Menschen nach und nach merken, dass ein weiterer in ihrer Mitte nur auf sich und seinen Vorteil bedacht ist, obwohl er eben auch sehr liebevoll, zärtlich und fürsorglich sein kann, letztlich aber nie altruistisch, sondern immer narzisstisch handelt. In meinem Kopf sind hier Intrigen und Verwirrspiele beteiligt und sechs Menschen, deren Innerstes nach und nach zutage gefördert wird und durch deren Perspektiven sich das Bild zusammenfügt.

Tatsächlich habe ich bisher sehr viele Einzelszenen, von denen manche okay sind, die meisten aber einfach völlig egal. Wenn ich ein gutes Buch lese, dann halten mich die Szenen und die Figuren gefangen, auch nachdem ich es aus der Hand gelegt habe. Meine Figuren machen das nicht mal, während ich schreibe.

Mir stellt sich derzeit die Frage, ob ich tatsächlich nicht schreiben kann und es aufgrund meiner talentfreiheit auch zukünftig lassen sollte, oder ob man das Schreiben nicht wie jedes Handwerk lernen kann. Und wenn das geht, dann frage ich mich, wie.

Die Tipps, die ich bekomme, laufen meist auf „Üben, üben, üben“ hinaus. An und für sich nicht verkehrt, aber wenn man niemanden hat, der einen korrigiert und einem sagt, wie man es besser, anders, effektiver macht, dann hilft es nicht.
Ich sehe ja, wie schlecht meine Texte sind, ich kann genau den Finger auf die Wunden legen, aber ich weiß nicht, wie es besser geht.

Autoren wie Juli Zeh, Leonie Swann oder Sergej Lukianenko (um nur einige derjenigen zu nennen, die mich in den letzten Monaten beeindruckt haben) machen das so nebenbei. Sie malen Bilder mit wenigen Worten, die sich vor meinem geistigen Auge entfalten. Sie sind großartige Erzähler, denen man gerne folgt, auch wenn nicht immer „show“ ihren Stil leitet. Und sie haben so unglaublich geniale Einfälle, dass ich gleichzeitig staune, kichere und vor Neid erblasse.
Und ich? Ich lese das, ich analysiere es, aber ich habe nicht den leistesten Schimmer, wie man so schreibt.

Vielleicht sollte ich Makramee-Eulen klöppeln. Oder für den Rest meines Lebens Konsument bleiben, denn Lesen mag und kann ich. 😉
Vielleicht finde ich aber irgendwann noch heraus, wie man es macht. Denn immer, wenn ich das Schreiben aufgeben will, kommen Ideen vorbei. Nur leider bringen sie keine Ausführung mit.