Selbstzweifel, die erste

Tja, angeblich leiden ja alle Autoren hin und wieder an Selbstzweifel und Schreibblockaden. Die meisten schreiben davor und danach aber durchaus brauchbare Texte, weshalb sie sich trotzdem Autoren oder Schriftsteller nennen dürfen.

Und ich? Ich sitze gerade hier und bin unzufrieden. Seit Tagen habe ich nichts geschrieben, und als ich gestern mein Dokument geöffnet habe, passierte Folgendes:

Ich las die letzte szene noch mal, um wieder in den Text zu finden. Den „besten“ Klopper hatte ich schon während des Schreibens markiert, um ihn zu überarbeiten. Wollt ihr ihn sehen?

„Als auch er draußen ist und die Tür zugezogen hat, nachdem er sich vergewissert hat, dass sie einen Schlüssel dabei hat, schließt sie ab.“

Literarisch absolut hochwertig, nicht wahr? Meine Anmerkung dazu lautet auch entsprechend: „Hat – hat – hat – den Satz üben wir noch mal, Frau Bloos!“

Tja, nun bin ich durchaus in der Lage, den Satz zu zerlegen, umzuschreiben und etwas Besseres draus zu machen. Das Hauptproblem des Textes ist aber ein anderes: Er transportiert nichts. Keine Emotionen, keine Bilder. Telling in schlechtester Reinkultur. Und nein, die einzelnen Sätze einfach ins „show“ zu setzen, ändert nicht viel. Denn der ganze Text ist flach, platt und belanglos. Ich sehe meine Figuren nicht vor meinem geistigen Auge, ich habe keine Vorstellung von den Orten, an denen sie sind (doch, die „Standardorte“ haben inzwischen ein Aussehen, das Haus der Familie und das Büro des Vaters) und viel schlimmer: Ich transportiere nicht mal diese winzigen Bruchstücke einer Vorstellung.

Wenn ich als Autorin beim Lesen schon überlege, was der langweilige Scheiß eigentlich soll, wie soll ich damit auch nur einen Leser hinter dem Ofen hervorlocken? Vermutlich gar nicht.

Natürlich könnte ich den Text fertig schreiben, um wenigstens das getan und meine Message in Buchstaben gezwängt zu haben, aber will ich das? Will ich mit einem Text von Verlag zu Verlag tingeln, mir haufenweise Absagen einhandeln, von denen ich weiß, dass sie gerechtfertigt sind?
Oder will ich das Ding in der virtuellen Schublade verrotten lassen, weil ich halt schon weiß, dass ich damit nicht mal Klopapier bedrucken sollte?

In meinem Kopf ist es eine komplexe Geschichte, in der verschiedene Menschen nach und nach merken, dass ein weiterer in ihrer Mitte nur auf sich und seinen Vorteil bedacht ist, obwohl er eben auch sehr liebevoll, zärtlich und fürsorglich sein kann, letztlich aber nie altruistisch, sondern immer narzisstisch handelt. In meinem Kopf sind hier Intrigen und Verwirrspiele beteiligt und sechs Menschen, deren Innerstes nach und nach zutage gefördert wird und durch deren Perspektiven sich das Bild zusammenfügt.

Tatsächlich habe ich bisher sehr viele Einzelszenen, von denen manche okay sind, die meisten aber einfach völlig egal. Wenn ich ein gutes Buch lese, dann halten mich die Szenen und die Figuren gefangen, auch nachdem ich es aus der Hand gelegt habe. Meine Figuren machen das nicht mal, während ich schreibe.

Mir stellt sich derzeit die Frage, ob ich tatsächlich nicht schreiben kann und es aufgrund meiner talentfreiheit auch zukünftig lassen sollte, oder ob man das Schreiben nicht wie jedes Handwerk lernen kann. Und wenn das geht, dann frage ich mich, wie.

Die Tipps, die ich bekomme, laufen meist auf „Üben, üben, üben“ hinaus. An und für sich nicht verkehrt, aber wenn man niemanden hat, der einen korrigiert und einem sagt, wie man es besser, anders, effektiver macht, dann hilft es nicht.
Ich sehe ja, wie schlecht meine Texte sind, ich kann genau den Finger auf die Wunden legen, aber ich weiß nicht, wie es besser geht.

Autoren wie Juli Zeh, Leonie Swann oder Sergej Lukianenko (um nur einige derjenigen zu nennen, die mich in den letzten Monaten beeindruckt haben) machen das so nebenbei. Sie malen Bilder mit wenigen Worten, die sich vor meinem geistigen Auge entfalten. Sie sind großartige Erzähler, denen man gerne folgt, auch wenn nicht immer „show“ ihren Stil leitet. Und sie haben so unglaublich geniale Einfälle, dass ich gleichzeitig staune, kichere und vor Neid erblasse.
Und ich? Ich lese das, ich analysiere es, aber ich habe nicht den leistesten Schimmer, wie man so schreibt.

Vielleicht sollte ich Makramee-Eulen klöppeln. Oder für den Rest meines Lebens Konsument bleiben, denn Lesen mag und kann ich. 😉
Vielleicht finde ich aber irgendwann noch heraus, wie man es macht. Denn immer, wenn ich das Schreiben aufgeben will, kommen Ideen vorbei. Nur leider bringen sie keine Ausführung mit.

Der Januar ist geschafft

Ich habe es kaum für möglich gehalten, aber ich habe den Januar erfolgreich abgeschlossen. Es gibt zwar Tage, an denen ich gar nicht geschrieben habe, aber das waren nur fünf (plus einen, an dem ich gerade genug geschrieben habe, um mein Tagessoll zu erreichen und nicht von der Immergrünliste zu fliegen), und ich habe ausgerechnet heute kurz vor Toresschluss noch eine Szene geschrieben, die mir von der Erzählstimme her sehr gefällt.

Für alle, die einen optischen Eindruck mögen, gibt es hier einen Screenshot meines Monatsblattes – so sieht ein Monat im T12 aus, der nicht perfekt ist, aber zumindest gut:

Bildschirmfoto 2015-01-31 um 23.54.07

 

Man sieht, dass ich in der Mitte des Monats eingebrochen bin und ab da meinen mühsam aufgebauten Vorsprung wieder „aufgegessen“ habe, aber immerhin bin ich nie unter das Soll gerutscht.

Wenn ich die nächsten zwei Monate so weitermache, sollte ich zwischen Ende März und Mitte April die Rohfassung meines Romans in den Händen halten, und ab da gibt es dann mehrere Möglichkeiten: Ich nehme mir einen der angefangenen Romane vor, die unbedingt beendet werden wollen, ich schreibe zur Auflockerung ein paar Kurzgeschichten, ich überarbeite diesen Roman oder ich schnappe mir eine ganz neue Idee. Heute morgen unter der Dusche kam eine angehoppelt und hat mal neugierig um die Ecke geschaut, ob ich bereit für sie bin. Nein, noch nicht, aber ich werde sie skizzieren, damit sie nicht weghoppelt. Und hin und wieder werde ich sie mit weiteren Häppchen füttern, damit ich sehe, ob sie für einen Roman taugt oder doch eher für eine Kurzgeschichte oder Erzählung.

Und jetzt gönne ich mir einen Whisky auf den erfolgreichen Monat. Slainte!

Neues vom Schreiben

Der T12 läuft ja nun schon seit 24 Tagen, und ich bin positiv überrascht.

Bis zum 16. habe ich sogar die Monatschallenge („schreibe jeden Tag mindestens ein Wort mehr als den bisherigen Durchschnitt“) geschafft, aber am 17. war ich abends so unglaublich müde, dass ich unverrichteter Dinge ins Bett gefallen bin. Zu dem Zeitpunkt hatte ich drei Tage Vorsprung, so dass ich mir einen Tag Auszeit leisten konnte.
Inzwischen habe ich den Vorsprung aufgebraucht, weil ich konsequent immer einen Tag geschrieben und mich einen drauf ausgeruht habe. Heute „musste“ ich schreiben, um nicht von der Immergrünliste zu fallen, was ich gerade erfolgreich absolviert habe.

So viel zu den Formalia – viel spannender ist aber der Roman an sich.
Ich habe ja ein ehrgeiziges Projekt, bei dem ich einen Menschen auf dem Weg vom persönlichen Zenit in den Abgrund „begleite“. Und diesen Prozess beschreibe ich aus nicht weniger als sechs Perspektiven. Eine ist seine eigene, dann dürfen noch seine Frau, seine Tochter, sein Chef, seine engste Mitarbeiterin und eine weitere Kollegin, die auch gute Freundin ist, berichten.

Ich habe einen groben Fahrplan, mit dem ich mich durchhangel. Entgegen meiner Befürchtung, dass es ohne konkretes Plotten nichts wird, klappt das erstaunlich gut! Ich habe Szenen geschrieben, von denen ich nicht einmal geahnt habe, dass es sie geben würde, ich habe seiner Frau ein Hobby verschafft und seine Tochter zu einer kleinen Meisterspionin werden lassen. Die durfte heute nämlich feststellen, dass Daddy gar nicht so toll und rechtschaffen ist, wie sie selber immer glaubt – und wie er sich auch sehr gerne darstellt.

Alles in allem habe ich zwar durchaus Tage, an denen ich mich frage, wer um Himmels Willen das wohl mal lesen will oder wie ich aus dieser Rohmasse etwas Zusammenhängendes und flüssig Lesbares machen soll, aber immer, wenn ich einen Abschnitt fertig gestellt habe, merke ich, wie viel Spaß mir das Schreiben an diesem Roman macht und wie gerne ich selber miterleben will, wie der Protagonist nach und nach in Richtung Abgrund gleitet.

Ich habe diesem Roman versprochen, dass er in diesem Jahr ein „Ende“ bekommt, wobei ich für die Rohfassung Ende März angestrebt habe. Ich bin noch immer wild entschlossen, das auch umzusetzen!

Die ersten zwei Tage

Das Jahr hat begonnen und damit auch der T12. Während ich die ersten halbwachen Momente bei Tageslicht damit verbrachte, eine aufdringliche Hundeschnauze von meiner Nase fernzuhalten, habe ich die frühen Abendstunden (vorher war ich nicht zuhause) damit verbracht, die zweite Szene meines Romans zu schreiben.

Es ging erstaunlich gut und ich habe 15 Wörter über Tagessoll geschrieben. Heute kam dann die dritte Szene, da war ich dann 75 Wörter über Tagessoll. Wenn ich so weitermache, habe ich am Ende des Monats einen hübschen Vorsprung, aber ich bin ja realistisch und weiß, dass es nicht jeden Tag so super laufen wird.

Drei Szenen, drei Perspektiven. Zweimal dritte Person Präsens, einmal erste Person Präsens. Spannend, wie unterschiedlich meine Figuren bereits jetzt die Welt betrachten!
Und die Monatschallenge im T12 ist wirklich fies: Denn dadurch, dass man jeden Tag mindestens ein Wort mehr schreiben soll als der bisherige Tagesschnitt beträgt, muss ich mich in den ersten Tagen echt zusammenreißen, damit das Ziel noch schaffbar ist. Hätte heute bestimmt noch zwei weitere Szenen schreiben können, aber nun gut: Dann werden sie halt noch ein wenig vorgeplant, das kann auch nicht schaden. 😉

Bisher läuft es also gut und ich bin total gespannt, wie es weitergeht mit mir und dem Schreiben in diesem Jahr. Mal schauen, ob ich mich gut genug organisieren kann, damit ich nicht wieder nach wenigen Monaten beschließe, alles an den Nagel zu hängen. Anfeuerungen jeglicher Art werden gerne entgegen genommen!